Chronik derSchützengesellschaft
Herrenberg

von Traugott Schmolz (Auszug aus der Festschrift zum 500. Vereinsjubiläum 1978)

Die allgemeine Schützengesellschaft Herrenberg, war absolut keine zivile sportliche Schützengesellschaft, wie wir sie heute kennen, sondern ganz einfach die Schützenabteilung der Stadt Herrenberg im Verband des Wirtenbergischen Milizheeres. Der Unterschied gegenüber einem stehenden Heer wird vielleicht auch dadurch deutlich, wenn es 1492 heißt: "10 Schilling 4 Heller eben von Büchsen zurüsten die man den gesellen geliehen hat"; dieses "geliehen" mag zwar möglicherweise für das Wort "ausgegeben" stehen, aber der fast zivil anmutende Rechnungsposten des gleichen Jahres: "3 Pfund 18 Schilling 1 Heller als die Raißgesellen geessen (gegessen) haben uff dem Ratt Huß do sie hienweg wolten" unterstreicht das milizartige der Wirtembergischen Truppenverfassung. Den Frauen der ausgezogenen Schützen wurde ein Wochengeld ausbezahlt (1548): "Jörg Hämerlins und Sixt Baders Zweyen weybern, als Ire Manen XX (20) Wochen lang zu Urach gelegen. Ir Jeder der wochen VII (7) Schilling geben tut ( 14) Pfund.

Um möglichst gute Schützen zu bekommen, wurde das Schießen um Preise eingeführt. Damit dieser Anreiz noch eine Steigerung erfahren konnte, veranstaltete man Vergleichsschießen mit anderen Städten. So zogen die Herrenberger Schießgesellen immer wieder nach auswärts, um sich mit anderen Schützen zu messen.
1472/73 wird verrechnet: "It. geben den gesellen die von Calw kamen 18 Schilling habend sie verzert in peter kochs huß". Man darf annehmen, daß die Herrenberger in Calw waren und nach ihrer Rückkehr dieses Essen einnahmen, das ihnen Peter "Koch" gekocht hatte. Als die Calwer Gesellen 1477/78 dann einmal hier waren, wird deutlich unterschieden: "Item den armbrost-und buchsenschützen von Calw geschenkt 17 Maß Wins". Die Anzahl der "Maße" läßt wohl auf die Zahl der Schützen schließen. 1478/79 war man wieder in Calw: "2 Gulden den büchsenschützen uff ain schiessen gen Calw"; dieselbe Summe wurde im gleichen Jahrauf ein Schießen in Ulm ausgegeben. Im Jahr 1503/04 gab die Stadt den beiden Schützen Endris Weber und Jörg Wigel 2 Gulden "uff dz. schießen gen Zirch" (Zürich!). 1554/55 zogen 8 Herrenberger Büchsenschützen nach Reutlingen und Marbach und 1557/S8 wurde ein Schießen in Rottweil besucht. Ebenso wurden zwei Schießen besonderer Art in der Landeshauptstadt besucht: 1553/54: "Als die Armbrustschützen uff das Schießen geen Stuttgarten gezogen synt, Ist Inen zu Hilff geben worden 4 Gulden 12 Batz Thut (=macht) 6 Pfund 14 Schilling 5 Heller".
Auch 1559/60 auf Matthäus Ap. (24. Februar) wurde vom Herzog in Stuttgart ein Armbrustschießen ausgeschrieben, auf das Hans Veyn, der Bolzenmacher, und Hans Schimpf von Öschelbronn, wohl als Beste aus dem Herrenberger Kontingent, zogen und dazu 11 Pfund 3 Schilling "zu Zerung" erhielten. Zu den Herrenberger Schießgesellen zählten doch immer auch die aus den Amtsorten mit. Die Preise, die zum Anreiz ausgesetzt wurden, konnten in Geld bestehen, doch wurde vor allem im ausgehenden 15. und angehenden 16. Jahrhundert, in der Zeit, als die Kleidermode sich in ungewöhnlichem Reichtum in Schnitt, Form und Verbrauch

 

überbot, sehr häufig Stoff ausgesetzt. War es Lindisch (Londoner = englisches) Tuch, so war der Wert besonders hoch einzustufen. Bei der ersten uns bekannten Erwähnung eines Siegerpreises dürfte es sich um Prämiengeld, vielleicht aber auch um Geld zur Anschaffung eines sächlichen Preises handeln: "1472/73; It Mehr han ich hayssen (auf Geheiß) des vogts und der richter dar umb sy schießen sollend dis Jar 4 Pfund". Im Rechnungsjahr 1474/75 wird offensichtlich eine Restsumme von 2 Pfund 14 Schilling aus einem Stoffkauf (rotes und weißes Tuch, wie es für die Reißzüge verwendet wurde) den schützen umb 18 Ellen Tuchs darumb zu schießen gegeben". Noch 85 Jahre später, 1559/60 werden "Auff den 8. Septembris den Armbrustschützen vier Ellen Barchent zu verschießen geben Thut 16 Schilling."

Es kam so auch zu besonders veranstalteten Schießen in Herrenberg. Das wohl am aufwendigsten vorbereitete war das Schießen im Jahr 1478.

Anno 1492 "do das büchsenschießen hie waß ... 9 Schilling den Büchsenschützen umb 9 Maß Winß geschenkt. 1531 "Uff Suntag nach unser frowen tag ir geburt (Mariae Geburt) haben die schiesgesellen us dem Beblinger ampt mit unsern schüzen hie geschossen hat man Jnen 4 Kanten, (Kannen) Wein geschenckt tut 5 Schilling 4 Heller". Für die gleiche Summe bekamen im gleichen Jahr auch die "schiesgesellen" von Weil (der Stadt) 4 Maß Wein geschenkt. Ein weiteres Schießen mit den Büchsenschützen von Böblingen fand 1537/38 statt. Als 1538 am Sonntag naoh St. Gallus der Herzog hier in Herrenberg war, schossen die herzoglichen Diener "mit unseren büchsennschüzenn". Auch ihnen wurde der Wein geschenkt im Wert von 7 Schilling und 6 Hellern.

1543/44 fand ein Hammelschießen statt: "Als die Büchsenschützen umb den Hammell gesschoßen Inen ufß Gehaiß ains gerichts (des Stadtgerichts) zu vererung geben 18 Schilling 8 Heller". 1551/52 als die Büchsenschützen "auff Sontag nach St. Matheustag (21. September) ein gesellen-schießen gehapt Ist Inen freygebcn worden 2 Pfund 16 Schilling. Mer synt Inen uff sollichen Tag 6 Stoeuf (Becher) Wein geschenckt worden, 8 Schilling."

Zu Sommerbeginn 1558, am Sonntag vor Johannes Bapt. war ein kriegsmäßiges Schießen aller Schützen aus Stadt und Amt angesetzt in der Schießstätte "mit Iren Büchsen wie sie darmit in die Raiß ziehen wöllen." Ein weiteres Schießen fand am Sonntag vor Michaelis dann statt.
1565 "Als die Gesellschafft der Büchsen-Schützen von Böblingen" wieder einmal "alhie gsein Synt Inen 4 Maß Wein geschenckht und dafür bezahlt worden thut 9 Schilling."

Gerade diesem geselligen Teil der Schießveranstaltungen - oder war es doch nur eine Verpflichtung zur notwendigen Erfrischung? , dem allerdings widerspricht der fast stets aufgeführte Vermerk "geschenckt" -verdanken wir zu einem guten Teil erst die Nachrichten über Treffen von Schießgesellen in Herrenberg und


über Schießveranstaltungen. 1480/81 waren die Schützen von Rottenburg hier, 1482/83 außer "fremden" Büchsenschützen auch wieder welche von Calw: "It 6 Schilling 8 Heller verschenckt den Schießgesellen und verzert uff dem Huß (Rathaus) die Büchsen Schützen von Calw". Den "Armbrust und Büchsenschützen von "Nagelt" (Nagold) wurde 1487/88 mit Wein aufgewartet.

In den Fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts waren, wie wir schon bälder sahen, viele Schützenbesuche vor sich gegangen. Manchmal wird nur vermerkt "als ... ettlich Büchsenschützen" oder "frembd Büchsenschützen allhie gsein Synt"; es werden aber auch die Büchsenschützen von Wildberg und Entringen genannt. Der rechnungsführende Bürgermeister der Stadt Herrenberg führt 1555/56 auf: "Alls unser Herr Vogt, deßgleychen Alexander widman, Ich Heinrich theyrer, Hans Memminger, und der Stattknecht, uff Sonntag nach Medardi (8. Juni) mit den Büchßenschützen In der hitten (Schießhütte) gezecht, haben sie uns die Zech geschengkt, dargegen synt Inen (je? ) 2 Viertel Wein geschengkt, und darfür bezalt worden tut 14 Schilling (Ein Viertel war 1557 etwa das kleinste Flüssigkeitsmaß und hatte ca. 0,45-0,47 Ltr. = einen Schoppen).

Die Schießgesellen und ihre jeweiligen Gäste sprachen dem Wein also gerne zu. Ob sie ihn als Zielwasser benützten? Man hat den Eindruck, daß der Wein meist "nachher" getrunken wurde und somit keine Gefahr bestand, daß "über das Ziel hinaus geschossen" wurde, von den Gesellen, die der Schreiber der Stadtrechnungen 1487 einmal ganz schwäbisch einfach "xelle" schrieb. Vom Schnaps, vom "Klaren", den wir Heutigen gerne als Zielwasser bezeichnen, wird nie berichtet.

Geschossen mit Bogen, Armbrust und Handbüchse wurde auf der Schießstatt.
Im Jahr 1474/75 schickte die Stadt Herrenberg "gen Tuwingen (Tübingen) der Zylstatt halb". Vermutlich wollte man technische Einzelheiten, vielleicht die Distanzen für die einzelnen Waffen erfahren. Es war jene Zeit, in der die Handbüchsen bereits auf größere Entfernungen als Armbrust und Bogen geschossen wurden. Der Platz für die gesamte Schießanlage war wohl schon derselbe wie er dann in den Statuten der Stadt 1777 genannt ist: "Stadt und Amt hat allhier ein gemeinschafftliches Schieß-Hauß und Schieß-Statt, draußen vor der Stadt, hinter der Sonnen (Gasthaus Sonne) am Kuppinger Weeg, zwischen Eva Maria Hillerin Acker zu all übrigen Seiten an der Straß stehend, das ist auch die Stadt- und Amts-Pfleeg, nebst der Schieß-Mauer, Schieß-Stand und Bronnen im Bau zu erhalten - nicht weniger jährlich Ein Klaffter Holz darauf zu geben schuldig". Die Schüzen von Herrenberg, Gültstein, Mönchberg, Kayh, Thailfingen, Haßlach, Nebringen, Ober-Öschelbronn, Kuppingen, Jesingen, Affstett, Nufringen und Rohren seynd befugt, diese Schießstatt zu allen Ordinari-Schießen zu besuchen, doch daß jeder

 

Schüz des Jars zehen Kreuzer Doppel bezahlen solle".
1488/89 wird die Schießhütte gedeckt. Sicher war dies eine Reparaturmaßnahme bzw. Erneuerung. 1545/46 wurde eine ganz neue Schießhütte gebaut. Die westliche Wand des Gebäudes dürfte gerade am Knick der alten Nagolder Straßenführung, gegenüber der Abzweigung des Kuppinger Weges (heute "Schäferlinde") gewesen sein. Beim Bau mußte der südlich ansteigende Rain abgegraben werden. Es ist möglich, daß die bis 1959 in jenem Bereich einst befindliche Mauer von 3-4 Schichten Höhe im Zusammenhang mit der Schießhütte zu sehen ist. Wenig östlich davon, zur Stadt hin gelegen, war der Schießbrunnen. Es war ein mit exakt behauenen Steinen rund gemauerter Schacht mit ca. 1,10 mtr. Durchmesser und ca. 6 mtr. Tiefe. Noch in den frühen Dreißiger Jahren war er mit einer kleinen Pumpe versehen. Im Sommer 1977 wurde er bei den Kanalisationsarbeiten sichtbar, aber wegen seiner Lage im Verlauf des neuen Kanals konnte er nicht erhalten werden.

Die Schießhütte, später das Schießhaus genannt, war ein durchaus fester Bau. Den vielen verrechneten Steinfuhren nach dürfte sie einen steinernen Unterstock und darauf ein Fachwerk gehabt haben. Es wird das Ausmauern der Riegel aufgeführt, aber auch von "Zaynen", d.h.von Flechtwerk wohl in den Innenwänden, die mit Laymen (Lehm)) beworfen waren, berichtet. Als die Werkleute den Bau aufrichteten, gab es zusammen mit dem Bürgermeister einen Schmaus. Die Gesamtkosten des Baues betrugen 186 Pfund Heller und 15 Schillinge. Der rechnungsführende Bürgermeister Heinrich theyrer führte auch die Bauaufsicht, er bekam dafür im darauffolgenden Jahr 1 Pfund Heller und 8 Schillinge. 1546/47 wurden 3 Tische und drei Lehnenschrannen sowie eine Schranne ohne Lehne angeschafft. Das Holz der alten Schießhütte wurde zum Tübinger Tor geführt, wo es wohl zum Verkauf kam. 1547/48 wird ein Ofen aus neuen Kacheln aufgesetzt, der Kamin gemacht und die Stubenbühne bestochen. 1567/68 wird die Stube in der Schießhütte durch Laux Schickhardt und Abel Kratzer vertäfert, auch werden 2 Bänke angefertigt Beim "Verding der Arbeit", beim Abschluß des Arbeitsvettrages, wird eine Mahlzeit eingenommen.

Bei den Kanalisationsarbeiten 1974 und 1977 fanden sich Mauerreste fast inmitten der Straße gegenüber der westlichen Hauskante von Gebäude Schäferlinde 2 in einer Tiefe zwischen 1,20-2,40 mtr. unter Straßenniveau und in einer Breite zwischen 1,40 und 1,70 mtr. in fast genauem Nord-Südverlauf. Ca. 7 mtr. westlich davon war eine kleine Brandschuttschicht festzustellen, auch östlich davon zog sich in ca. 60 cm Tiefe ein ca. 11 mtr. langes Band von Brand- und Ziegelschutt hin. In der Kalkofenstraße, östlich und westlich der Höhe der Personeneingangstüre des Werkstattgebäudes


der WLZ saßen mit der Kanalwand bündig ein 2-3-schichtiges und ein einschichtiges bankett- oder sockelartiges Steingefüge. Bei allen diesen angeschnittenen Steinschichtungen war nicht ersichtlich, ob sie dem einstigen Bauwerk Schießhütte zuzuordnen sind.
Geschossen wurde aus einem "Stand". Das war ein überdachtes laubenartiges Geviert im Gegensatz zum "freyen" Stand, der wohl nur als Fläche markiert war, von dem aus aber in den Zeiten der noch die schweren Armbrüste und Handbüchsen im Sitzen eschossen wurde. An der "Büchsenschützenstand gemacht" hat Peter Zimmermann im Jahr 1536/37, und 1553/54 werden Stände untermauert und durch Lentzen Zimmermann "den Büchsenschützen am freyen und dem anderen Stand 6 Tag gemacht und gebessert".

Die Zielscheibe wurde für die verschiedenartigen Waffen Bogen, Armbrust und Handbüchse in unterschiedlichen Entfernungen aufgestellt. Hinter der Scheibe befand sich die Schießmauer in gewisser Breite, um alle Geschosse, die die Scheibe durchschlugen und auch die daneben gegangenen aufzufangen. 1530/31 wird an der Schießmauer abgebrochen und wieder aufgebaut und Theis Schreiner machte eine neue Scheibe.

1567/68 liest man, daß die Schießmauer bestochen wird. Von einem Zeigerhäuschen bei der Zielscheibe ist in den bearbeiteten Unterlagen nichts erwähnt. Der Zeiger hatte mit einer Kelle nach jedem Schuß den Treffer anzuzeigen. Dieser Dienst war nicht ungefährlich. Vogt Heß berichtet in seiner Chronik der Stadt Herrenberg für anno 1627: "Diß Jahr ist der Zeiger Hannß Klenck erschossen worden".
Auch die Einrichtungen der Stände, Scheiben und Schießmauer wurden wie das Schießhaus und der Schießbrunnen im "Amtsschaden", (das Holz zum Beheizen des Schießhauses) unter Raißkosten verrechnet.

Für die Herrenberger Schießstatt kann leider nicht gesagt werden, wie weit die Entfernungen für die einzelnen Waffen bei den "Ordinari-Schießen" waren. Doch kann wohl ein Vergleich mit anderen Städten auf ein annäherndes Maß führen. Bei einem Schießen in Straßburg im Jahre 1527 werden die Distanzen zwischen Sitz und Ziel bei der Armbrust mit 300 Werkschuh (je 28,5 cm) = 85,5 mtr. und bei den Büchsen mit 670 Werkschuh = 191 mtr. angegeben. Es waren dies beachtliche Weiten in Anbetracht der Schwere der Waffen und der Bestimmung "mit einem freyen schwebenden arm" (so in Straßburgie in Herrenberg) zu schießen. Wendet man also das Straßburger Beispiel an, so kommt man für Herrenberg zu einer üherraschenden Feststellung. Es wird nämlich damit auch möglicherweise festzustellen sein, wo die Schießbahnen sich in Wirklichkeit befunden haben. Auf seinem Güterplan skizzierte Heinrich Schickhardt in allerdings unechtem Maßstab die Umgebung der Stadt Herrenberg. Dabei stellt er auch in winziger Größe die "Schießhite" dar; man erkennt den Brunnen und über der Hütte, jenseits der Straße, aber auch jenseits (nördlich) des Aischbachs im Seelande ein Gebilde, das ein "Stand" sein könnte. Obwohl es jenseits des Bachlaufes liegt, kann es erst recht nicht die Schießmauer sein, wegen der zu geringen Distanz. Als "Stand" kommt es ebenso nicht in Frage, da dann die Entfernung "Stand" - Schießmauer, die sich ganz sicher südlich der Flur Schießmauer befunden hat, in jedem Fall zu kurz wäre. Man kann also leider aus dieser winzigen, aber doch so liebenswerten Skizze Schickhardts, keinen echten Schluß ziehen, obwohl es selbstverständlich möglich wäre, daß hier über den früheren See

 

hinweg geschossen wurde. Auch in Stuttgart schoß man über die Fläche des Feuersees hinweg; man hatte dadurch eine besondere Sicherung gegen das unkontrollierte Betreten der Schußbahnen. Nimmt man nun aber die Straßburger Entfernungen und trägt sie in der Urkarte der Stadtmarkung Herrenberg auf den westlich des Kuppinger Weges gelegenen Schießhüttenwiesen ein, so werden beide Distanzen (85,5 mtr. für Armbrust und 191 mtr. für die Handbüchsen) durch die Nutzungsgrenzen und durch die Nutzungsdarstellungauf dieser Urkarte möglicherweise bestätigt.

In der zwischen dem großen Knie der alten Nagolder Straße (heute Kalkofenstraße) und dem großen Knie des früheren Kuppinger Wegs (heute "Schäferlinde") liegenden weiten Wiesenfläche, die vom Aischbach durchflossen und heute von der Abkürzung der Nagolder Straße durchzogen wird, befinden sich Flächen, die nicht als Wiesen ausgewiesen sind. Vielleicht waren sie nur als "Krautländer" genutzt, aber die Entfernungen von den freien Streifen an der alten Nagolder Straße bis zu den freien Feldem direkt nördlich des Bachlaufes hatt westlich des Kuppinger Weges, sowie auch bei der Einmündung der alten Seilerbahn bzw. des heutigen Mühlweges in die Nagolder Straße, lassen annehmen, daß im Süden des Areals die "Stände" waren und mit ca. 85-90 mtr. Abstand nördlich in der Mitte der Wiesenfläche die Scheiben für die Armbrustschützen.
Am nördlichen Abschluß der Wiesenfläche, am West-Ost-Verlauf des Kuppinger Weges wäre die Schießmauer mit den Scheiben für die Büchsenschützen im Abstand von ca. 190 mtr. von den Ständen gewesen. Das west-südwestlich anschließende Schießtäle mag die Priorität dieser Theorie unterstreichen. Doch kann die zuerst angeführte Möglichkeit, die Schießbahnanlage im westlichen Bereich des alten Sees zu sehen, gerade so gut bestehen bleiben, wenn man für Herrenberg etwas kürzere Distanzen annimmt. Aus der einzigen bekannten Herrenberger Größenordnung, nämlich dem Durchmesser des Zielkreises in der Scheibe für das große Schießen im Jahr 1478, könnte sogar auf kleinere Entfernungen als sie für Straßburg angegeben sind, geschlossen werden. Für Straßburg ist der Zielkreisdurchmesser mit 13,8 cm festzustellen, während der Herrenberger Zielkreis nur 13 cm hat. Das Verhältnis der verschiedenen Zielkreisdurchmesser, angewandt auf die Schießentfernungen, ergäbe für Herrenberg Strecken, die mit nur 75-80 und 170-180 mtr. gerade auch im kürzeren Raum im Bereich des westlichen Seegebietes zutreffen würden. Es ist zu bedauern, daß nur noch die beiden Gewandnamen Schießmauer und Schießtäle an die alte "Schießstatt" erinnern, und daß nur noch mit Vergleichen auf die verschiedenen Standortmöglichkeiten hingewiesen werden kann.

Den Schützen stand ein Schützenmeister vor. Im Statutenbuch von 1777 heißt es: "Ein jedesmahliger Schüzen-Meister wurde vom Stadt-Gericht angenommen". Die dabei angeführten Jahrgänge 1631, 1634 und 1651 der Gerichtsprotokolle sind leider nicht mehr vorhanden, so daß keine Einzelheiten dazu mitgeteilt werden können.

1654 findet sich der Eintrag: "Zue Einem Schützenmeister aber ist vom Gericht, altem Herkommen nach den anderen von der Gesellschafft Beygeordnet - Johann Kanntz". Woraus sich schließen läßt, daß die Schützen selbst wenigstens einen, wenn nicht zwei Schützenmeister aus ihren Reihen hatten und ein Mitglied des Stadtgerichts als einen weiteren Schützenmeister beigeordnet bekamen. Die sehr


flüchtige Schrift läßt nicht absolut sicher erkennen, ob es heißt "den" oder "dem anderen von der Gesellschafft" ...
- Der Hauptmann Hanns Mayer, der 1587 eine Stiftung von 300 Gulden machte, um aus dem "Interesse", dem Zins, jeweils Brot austeilen zu lassen, war wohl als Berufssoldat direkt in herzoglichem Dienst. 1533/34 heißt es "Von Hanns Mayer Fenderich Burgerrecht empfangen 1 Pfund 8 Schilling." 1587 wird er als "geweßener Hauptmann" bezeichnet. Er hatte Anna, die Tochter des Vogts Marx Hiller zur Frau. Die Tochter dieses Hauptmanns Mayer stiftete als Witwe des Doktors Christian Dold ebenfalls 300 Gulden, deren Ertrag mit 10 Gulden als Tuch ausgeteilt und 5 Gulden dem Armenkasten jeweils weils zu Ausgaben zustanden. Das Geld war somit zu einem Zinsfuß von 5% angelegt gewesen. -

Die Schützengesellschaft von Stadt und Amt Herrenberg war im Laufe der Zeit vermögend geworden. Sie hatte zum Beispiel Silbergeschirr. Bürgermeister Notter mußte bei der Besetzung der Stadt im Jahre 1634 den raubgierigen Soldaten seine Wertsachen, auch die ihm in Verwahrung gegebenen Dinge von Privaten und das Silbergeschirr der Schützenmeisterei offenbaren um sein Leben zu retten. Die Forderungen daraus wurden so groß, daß es zu einem Konkurs Notters kam.
Im Unterpfandsbuch von 1644-1663 ist eingetragen: "Gültstein. Jacob Schifer und seine Hausfrau Magtalena verzinsen Gesambter Schützengesellschaft in Stadt -und Ambt Herrenberg uff Georgij 1651 so zwar in anno 1636 Ihme Schifer hergelihen worden An Silber 78 Gulden".

Während des Dreißigjährigen Krieges waren die Herrenberger Männer jeweils bei den Landesauswahlen. Als der mehr als eine Generation dauernde Krieg zu Ende war, setzte langsam wieder ein normales Leben ein. Nach dem Friedensschluß hat man wieder ein allgemeines Freudenfest, den 11.ten August 1650 gehalten. Folgenden Montag datauf gab man ein Freij-Schießen, die Kinder wurden das 1.te Mal wieder in den Maijen geführt, und solchem 59 Maas Wein aus dem Spital gereicht".
25 ]ahre später berichtet der Chronist: Anno 1675 wurden die Kinder wieder erstmals in den Maijen geführt, wobei denen Kindern vor 9 Gulden 25 Kreuze und woran der Spithal die Helftin bezahlt an Pappier etc. ausgetheilt worden. Die Vorstehere verzöhrten im Schießhaus 19 Gulden 53 Kreuzer welches der Spithal auch helftig bezahlt hat." Dieses "Kinderfest" fand demnach auf den Schützenwiesen bei der Schießhütte statt.

Wenige Jahre später, als die Franzosen durch Südwestdeutschland Kriegszüge durchführten, waren in Herrenberg zwei Kompanien aufgestellt worden: 1 Leutnant, 1 Fähnrich, 2 Feldwaibel, 2 Führer, 1 Furier, 1 Capitin Armuß, 2 Musterschreiber, 2 Feldscheere, 5 Tambor, 1 Pfeiffer, 5 Furier-Schitzen, 2 Zimmerleute, 9 Corporale

 

"Bringt in Bluw Blahn (Blaue Plane), 34 Mann "gemeine Knechte" in der Stadt= 41 Mannen "Waß in Brune Blahn (braune Plane) begriffen". Bläsin Reichert, der "Leitenant" quittierte das Musterungsgeld von 9 Gulden 5 3 Kreuzer. Blau und braun waren offenbar die Röcke der Milizsoldaten.

In der ersten Hälfte und in der Mitte des 18. Jahrhunderts trat nun eine Änderung im Schützenwesen ein. Das Militärwesen in Württemberg wurde zu jener Form entwickelt, aus der dann ein stehendes Heer aufgebaut werden konnte. Das brachte den Verlust der von der Herrschaft sowohl als auch von Stadt und Amt Herrenberg über all die Jahrhunderte hinweg gegebenen Schützengelder. "Es ist aber dieser Schüzen-Vorthel, den sowohl gnädigst Höchste Herrschaft, alß auch Stadt und Amt gereicht, schon in Anno 1736 auf Herzoglich-gnädigsten Befehl eingezogen worden". Eine Randnotiz zu dieser Statutensammlung von 1777 verbessert dann die Nachricht: "nach der Amtspflegrechnung von 1756/57 anno 1756". Der Punkt "Von der Schieß-Statt" schließt dann ab: "... und findet sich nur noch eine geringe (kleine) Gesellschaft von Privatis, die sich biß weilen zur recreation (zur Entspannung) annoch auß ihrem aigenen Beutel im Schießen übt". Die Herrenberger Schützengesellschaft war nun eine rein private Sache geworden.

Es verging eine lange, von großen Umwälzungen geprägte Zeit, bis in Herrenberg wieder eine Schützengesellschaft sich zusammenfand. Die Revolution von 1848 ließ wohl auch hier die Gemüter brodeln, aber zu einem Aufstand kam es nicht. Es wurde entsprechend der Königlichen Verfügung vom 10. April 1848 eine Kommission zur Errichtung einer Bürgerwehr beschlossen. Ihr gehörten an als Vorstand Stadtschultheiß Merz, Stadtrat Dr. Metzger als sein Stellvertreter, Stadtpfleger Krayl, die Stadträte Glaser, Zerweck und H. Böckle; vom Bürgerausschuß waren Obmann Joh. Marquardt, Flaschner, und weitere 7 Mitglieder der Kommission beigegeben. In den Verwaltungsrat der Bürgerwehr wurden Stadtpfleger Krayl und das Bürgerausschußmitglied Christian Gerlach, Mesner, aufgenommen. Eine Gruppe von 27 Herrenberger "Gemeindeeinwohnern" hatte dann am 13. Juni 1848 die Statuten für eine Schützengesellschaft, zu welcher sie sich vereinigt hatten, dem Stadtrat vorgelegt, mit der Bitte, sich darüber zu äußern. Die Gesellschaft sollte den Zweck haben, sich im Gebrauch von Feuergewehren und im Freihandschießen zu üben. Der Stadtrat legte den ihm als zeitgemäß erscheinenden Beschluß dem Königlichen Oberamt vor und forderte die Mitglieder beider bürgerlichen Kollegien (Stadtrat und Bürgerausschuß) auf, sich um einen Schießplatz umzusehen, auch sollte die Schützengesellschaft selbst Vorschläge machen.

Am 5. September 1848 bittet die Bürgerwehrmannschaft um Zuweisung einer städtischen Schießstätte. Ein Platz in der Gegend der Seeländer wurde als zu gefährlich


abgelehnt, dagegen der nicht mehr benützte Affstätter Mühlweg und die Burgsteige bei der Flur Binden vorgeschlagen. Beide Plätze wurden vom Commando der Bürgerwehr als ungeeignet bezeichnet und ein Platz von Bierbrauer Hengel offenbar unter dem Alten Rain vorgeschlagen. Diese Verhandlungen gingen bis in den Mai 1849.

Es wurden nun die Beschaffung von 50 Musketen mit Bajonett und Percußionsschlössern beschlossen und dabei vorbehalten, welcher Teil der Anschaffungskosten dieser Gewehre wieder von den Empfängern eingezogen werden solle. Zur Aufbringung der Kosten wurde eine allgemeine Hauscollecte vorgeschlagen und über die Deckung des Defizits sollte später beschlossen werden. Im September wurde eine Visitation der um 100 Stück zählenden Arsenalgewehre durchgeführt.
Im Januar 1850 wurde eine neuertiche Visitation der Waffen angesagt. Die Collegien beantragten aber (aus Kostengründen) die Gewehre einsenden zu dürfen "bis die hiesige Gemeindebehörde sich in der Lage befindet, um deren Wiederzurückgabe bitten zu müssen, was sich vorbehalten werden müsse".
Von einer Schützengesellschaft ist nun nicht mehr die Rede.
Am 10. April 1863 beschloß, laut Gemeinderatsprotokoll vom 17. April 1863, eine größere Anzahl hiesiger Bürger einen Schützenverein hier zu gründen.
"Im Hinblick darauf, daß durch den nationalen Aufschwung der letzten Jahre sich nicht allein in ganz Württemberg sondern in ganz Deutschland Schützenvereine gebildet haben, deren Zweck ist, nicht nur Liebhabereien Einzelner zu befriedigen, sondern sich in den Waffen zu üben, um wehrhafte Männer heranzubilden, kann der Gemeinderat in der Gründung eines Schützenvereines hier nur ein freudiges Ereignis begrüßen, das er thunlichst unterstützen will.
Die Frage nach dem Platz war nun wieder die Hauptsorge. Es wurden 3 Möglichkeiten vorgeschlagen: 1. beim Gutleuthaus den Gänsbühlweg (heute grasiger Weg) entlang, 2. unter dem Alten Rain, oder 3. in der Kuhsteige "dem früher schon zu Privatschießen (!) benützten Platz".

Es wurden von der Stadt 200 Gulden als Beitrag bewilligt unter der Bedingung, daß ein Platz hergestellt wird, wozu bemerkt wurde, daß die Collegien den Platz unter dem Alten Rain für den "wenigstgefährlichen" hielten.
Am 29. August 1863 wurden die Statuten verlesen und eine Einsprache nicht dagegen erhoben, so daß Beschluß war, sie dem Kgl. Oberamt zur Genehmigung vorzulegen. Am 9. Januar 1864 wurden dann zwei Grundstücke im alten Berg um insgesamt 65 Gulden erworben und der Ankauf weiterer anliegender Grundstücke im Auge behalten. Am 25. Januar 1866 vermeldete das Gemeinderatsprotokoll ein besonderes Ereignis, dem nebenbei noch das Wissen verdankt wird, daß zu dieser Zeit die hiesige Schützengesellschaft unter der Vorstandschaft von Dr. Klemm stand: "Im vorigen Herbst besuchte Herr Particulier Kleinfelder aus Kitzingen am Main die hiesige Stadt für die er sich infolge eines, im städtischen Archiv zu Kitzingen aufgefundenen, von dem Rath und den Schützenmeistern der Stadt Herrenberg ausgegebenen gedruckten
Schießbriefs vom Jahre 1478, interessierte. Herr Kleinfelder hatte das Dokument im Original bei sich und es erregte dasselbe sowohl durch seinen Inhalt als durch sein Alter, auch in den hiesigen Kreisen das lebhafteste Interesse. Infolgedessen ließ der Herr Oberbürgermeister der Stadt Kitzingen durch die Beamten des Staatsarchivs in Stuttgart

 

diplomatisch genaue Abschriften von dem Schützenbrief anfertigen und übergab durch Vermittlung des Vorstandes der hiesigen Schützengesellschaft Dr. Klemm hier, dem Stadtrath ein Exemplar davon als freies Geschenk zur Niederlegung in das hiesige städtische Archiv. Der Stadtrath freut sich über diese schätzbare, ein schönes Licht auf die früheren Zustände der hiesigen Stadt werfende Gabe ebenso, wie über die hierdurch erneuerten freundschaftlichen Beziehungen derbeiden Städte und beschließt dem Herrn Oberbürgermeister der Stadt Kitzingen unter dem Ausdruck der hochachtungsvollsten Gesinnungen, verbindlichsten Dank sagen zu lassen und die besten Wünsche für das Gedeihen der Stadt Kitzingen noch beizufügen."

(Im Sommer dieses Jahres 1866 kam es zu jenem letzten Rivalitätenkrieg Preußen - Österreich in dem auch die Württemberger auf der Seite der Österreicher mitfochten.) Mit dieser Urkunde war ein neues Geschichtsbewußtsein auch in weiteren Kreisen der Stadt bestärkt worden, das in den Jahren nach dem Siebziger Krieg dann in eine nationale Hochstimmung mündete.

Es wurden in jenen Jahren sowohl von der Schützengesellschaft Herrenberg als auch von Privatleuten Schießen ausgeschrieben. 1879: "Schützengesellschaft Herrenberg, Sonntag, den 27. Juli nachmittags vor. 2 Uhr an Nummernschießen. Die Schnapperscheibe bleibt bis 4 Uhr geöffnet". 1880: "Der Unterzeichnete hält am Sonntag, den 30. Mai bei günstiger Witterung ein garantiertes aufgelegtes Scheibenschießen mit gezogenen Gewehren wozu Schützenfreunde freundlichst eingeladen werden. Friedrich Bühler Messerschmied".

Die Schützengesellschaft aber hatte sich nach 20 Jahren aufgelöst; doch war sofort "ein neuer Schützenverein in Bildung begriffen". Die Platzfrage wurde erneut diskutiert. Offensichtlich war der Platz am Alten Rain zu weit entfernt. Der alte Platz an der Schießmauer, der schon "in früheren Jahrhunderten bestanden" kam ins Gespräch. Doch wurde die Gefahr als zu groß und der Platz selber als nicht praktisch empfunden. Darauf bat die neue Schützengesellschaft am 8. Mai 1883 um die Überlassung eines Platzes in der Kuhsteige. 1889 wurde festgestellt, daß die dortigen Schutzvorrichtungen ungenügend seien, so daß diese durch verschiedene Maßnahmen erweitert und verbessert werden mußten. Geschossen wurde in dem steilen Hohlweg, an dem heute die höchstgelegenen Gebäude am Joachimsberg stehen. Durch eine Anzeige im Amts-und Intelligenzblatt vom 21. Februar 1885 erfahren wir, daß Friedrich Stengle Oberschützenmeister war, der zu einer Plenarversammlung einlud.
(1893 bekam der Schießhüttebronnen anstelle der hölzernen Pumpe eine neue gußeiserne, die bis in die frühen Dreißiger Jahre zu sehen war.)

In den folgenden Jahren ist in den städtischen Akten nichts festzustellen, was von primärer Bedeutung für die Geschichte der Schützen von Herrenberg wäre. Es scheint, daß wieder einmal eine gewisse Flaute eingetreten war, die dann zu einem Neubeginn führen mußte.
1906 findet sich im Gäubote vom 20. Januar eine Anzeige: "Herrenberg. Zimmerschützenverein Freischütz.
Am Sonntag, 21. Januar nachmittags, 4 Uhr, findet das Eröffnungsschießen des neu gegründeten Zimmerschützenvereins im Lokal statt. Pünktliches Erscheinen erwünscht. Freunde und Gönner der Sache sind höflichst eingeladen. Der Ausschuß." Am 13. August 1908 wird von Gasmeister Steinebach dann ein Gesuch um


Genehmigung einer Schießbahn eingereicht: "Ein vielseitiger Wunsch, auch hier in Herrenberg eine Feuerschützen-Gesellschaft ins Leben zu rufen, veranlaßt mich, das titl. Stadtschultheißenamt um Genehmigung einer Schießbahn zu ersuchen". Die Gründung war demnach erst wirklich erfolgt, als die Bahn genehmigt und zugewiesen war. Als Schießstätte schlug er, unter Vorlage fertiger Pläne, den Steingraben vor. Der Gemeinderat stimmte zu, gegen eine jährliche Pacht von 1 Mark, fällig auf Martini.

Das Projekt mußte von dem Bezirksoffizier, Hauptmann z. D. Gärttner begutachtet und genehmigt werden. Dies geschah schon am darauffolgenden Tag, dem 14. August 1908.

Die Anlage wurde mit einer Bahn für Zimmerstutzen und einer Bahn für Scheibenbüchsen gebaut und in Betrieb genommen, nachdem am 24. April 1909 die Vereinsstatuten aufgestellt waren. Funktionäre des neuen Vereins waren:

1. Schützenmeister Steinebach Heinrich
2. Schützenmeister Jost Dengler
Kassier Johannes Nouffer
1. Schriftführer Emil Bühler
2.Schriftführer AugustBöckle
Ausschußmitglieder Hans Mäder, Louis Fischer, Robert Böckle, Wilhelm Morlock

Diese unterzeichneten mit den weiteren Mitgliedern Hermann Reichart, Jakob Fleck, Ernst Sauer, Eugen Reichart, Friedrich Widmayer, August Kohler, Jakob Wilhelm, Sekretär Griesinger, Fritz Böckle, Christian Böckle, Friedrich Fischer, Karl Sanzi, Fr. Hauber, Wilhelm Katz, G. Schmidt, G. Sautter, G. Härther, A. Fischer Briefträger, J. Ruthardt, Fr. Wörn, G. Herburger, A. Bausch, Karl Bökle, J. Krauß, Fr. Kohler, J. Notter, G. Widmaier, W. Kußmaul, C. Sanzi, C. Bosch, Fr. Knödler, Christian Reichert, Friedrich Fischer, Paul Bührer, J. Moll und Wilhelm Niethammer einen Revers zur Bestätigung ihrer vollen Verantwortung für Sicherheit und Bestand der Anlage.

An den Sonntagen 18. und 25. Juli 1909 wurde dann ein großes Preisschießen veranstaltet und vom 11. bis 1 3. ]uni 1910 das 4. Verbandsschießen des Schwarzwälder Zimmerschützenverbandes hier in Herrenberg ausgerichtet.

1911 wurde die Anlage erweitert auf zwei Stände für Scheibenbüchsen mit einer Bahnlänge von 175 mtr. und vier Ständen für Zimmerstutzen mit 14 mtr. Bahnlänge. Im ]ahr 1912 war Karl Bökle, Schäftemacher, erster Schützenmeister.
1913 genehmigt der Gemeinderat die Einrichtung einer Zimmerstutzenbahn im Anwesen des Gasthofes zum Hasen.
Nach Kriegsausbruch im August 1914 dachte man im Verein an eine Verbesserung

 

und Verlängerung der Schießbahn, um "Rekruten Ersatzreservisten p.p. im Scharfschießen" ausbilden zu können. Die Stadt konnte sich nicht dazu bereit erklären, gab dem Verein dann aber im darauffolgenden Jahr 1915 eine Spende von 50 Mark, "um ihm seine Aufwendungen wegen Ausbildung und Übung der Jungmannschaften im Schießen zu erleichtern".
Weitere Nachrichten hören nun auf.
Der 1. Weltkrieg hatte dasgesellige Vereinsleben unterbunden.

Wann die Vereinstätigkeit der Schützengesellschaft nach dem Krieg wieder einsetzte, ist durch eine amtliche Nachricht nicht zu belegen.
Der Schützenverein muß aber bald nach der Inflation - die Ende 1923 in eine normale feste Währung überführt wurde - wieder "geschäftsfähig" gewesen sein, da die noch vorhandene Schützenkönigskette auf der Rückseite die Gravur trägt: Schützen-Verein e.V. Herrenberg 1924. Aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 8. Oktober 1926 erfährt man, daß der Kriegerverein Herrenberg im früheren Zinserschen Steinbruch am Beginn der äußeren Ebene einen Schießstand errichtet hatte, um mit Kleinkalibergewehren zu schießen. 1927 dann tritt der Schützenverein an die Stadt mit der Bitte heran, ihm einen Beitrag für einen Ehrenpreis zu bewilligen, der für das hier am 3. und 4. September 1927 stattfindende Verbandsschießen des Schwarzwälder-Zimmerschützen-Verbandes bestimmt sei, ebenso wurde um Überlassung der Marktstandbretter und Abgabe von Dekorationsreisig gebeten. Mitglied Bökle führte aus, daß der Herrenberger Schützenverein das Verbandsschießen habe übernehmen müssen, nachdem solches letztmals im Jahre 1910 hier stattgefunden habe. Der Verein sei jedoch nicht so leistungsfähig wie die Vereine in den dem Verband angeschlossenen Städten Rottweil, Schramberg usw., weshalb der Verein die Stadt um eine größere Ehrengabe bitte. Im Jahre 1910 erhielt der Verein eine Ehrengabe von 50 Mark aus der Stadtkasse und an der gegenwärtigen Kaufkraft der Mark gemessen schlägt der Vorsitzende einen Beitrag von 100 Mark vor. Der Gemeinderat beschloß:

"1. Das Dekorationsreisig gegen Ersatz des Hauerlohns abzugeben und die Marktstandbretter unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

2. Als Ehrenpreis der Stadt bzw. zur Beschaffung eines solchen 70 Mark zu verwilligen ..."

Als die Stadt Herrenberg im Jahr 1929 dann ihre 700-Jahr-Feier hielt, gestaltete die "Schützengesellschaft 1478 Herrenberg" eine große Festzugsgruppe und stellte, angeregt durch den Schützenbrief von 1478,


Armbrustschützen mit Schützenmeister und Zeigerbuben in einer vielbestaunten Gruppe in historischen Kostüme dar.

In den folgenden Jahren war es das Ziel der Schützengesellschaft, eine große leistungsfähige 300 mtr. Bahn zu schaffen.
1933 waren die Pläne und Vorbereitungen so weit gediehen, daß eine Verwirklichung möglich wurde. Durch die politische Entwicklung trat bei den Verhandlungen weniger die Schützengesellschaft in Erscheinung, als die stark mitverbundene Parteiführung, da ja von hier aus das stärkste Interesse vorhanden war. Doch war die Schützengesellschaft der Bauherr für die Anlage im Gänsbühl. Die Stadt stellte das Gelände und die erforderlichen 80 fm Bauholz zur Verfügung. Das Schießhaus hatte einen Großen Saal, eine Küche, ein Ausschußzimmer und eine WC-Anlage. Die Schießbahn war mit 13 Schießständen ausgelegt. Die neue Schießanlage wurde nun nicht nur von der Schützengesellschaft, sondern auch von den politischen Organisationen und ab 1939 von de Wehrmannschaften benützt. Da der Verein durch diese starke Auslastung nicht mehr in der Lage war, die Kosten zu bestreiten, wurde die Anlage von der Stadt übernommen und von dieser die Schuldigkeit des Vereins in Höhe von 6254,88 Mark als Übernahmepreis bezahlt.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war jede Schützentätigkeit mit Feuergewehren verboten. Die Jäger und Forstbeamten mußten in manchen Gegenden zur Regulierung von Wildschäden zur alten Armbrust greifen. Das Schützenhaus im Gänsbühl wurde zum Naturfreundehaus umfunktioniert und fiel später dann dem Bau der Bodenseeautobahn zum Opfer.

Am 2. Februar 1969 wurde dann in Herrenberg die Tradition der Schützengesellschaft 1478 Herrenberg wieder aufgenommen durch eine Neugründung. Neuer Oberschützenmeister war Dieter Schön.

Am 20. Februar 1971 schloß sich die Schützengesellschaft Herrenberg mit dem 1903 gegründeten Schützenverein Nufringen zur Gäusportschützengesellschaft Herrenberg-Nufringen zusammen.

   


Bilder zur Chronik